G
laube in vier Variationen
 

 Lieber Gott... bist Du ein Alter Mann,
Der, so wie Mami sagt, fast alles kann?
Weißt Du wirklich so viel, wie Du glaubst?
Und hast Du weißes Haar, den Bart zerzaust?

Wo wohnst Du denn, wie kann ich Dich besuchen?
Isst Du auch so gerne Schokokuchen?
Träumst Du nachts schon mal von Spukgespenstern?
Malst Du die hübschen weißen Blumen auf die Fenster?

Kennst Du den Ort, wo Regenbogen enden?
Musst Du Briefe auch per Post versenden?
Mit wem spielst Du, wenn Du aus der Schule kommst?
Und ist Dir manchmal auch so langweilig?

*

Die Mutter tritt herein und küsst das Kind:
„So Liebes, jetzt geht’s ab ins Bett geschwind!
So wollen wir gemeinsam noch kurz beten,
Damit Dich Gott behütet und dich segnet.

„Guter Gott, wir danken Dir für Deine Gaben,
Gesundheit, Frohsinn, Glück und einen vollen Magen.
Für all die Wunder dieser Welt, so unbegreiflich,
Und den Rhabarbar, der uns wächst so reichlich.“

 „Wir danken Dir dass wir beisammen sind,
Einander lieben, selbst wenn wir verstimmt
Nach einem Stritt uns immer gut vertragen.
Dank Deiner Güte, Deiner Liebe: Amen.“

*

Der Vater sitzt derweil über der Zeitung
Vertieft sich darin, bildet eine Meinung,
Beklagt die Katastrophen dieser Welt.
Ihn ärgert alles das was sie entstellt. 

„Oh Gott“,  ruft er, „so kann’s nicht weitergeh’n!
Nur immer Krieg und Hass, kann’s nimmer seh’n.
Ich bitte Dich, hilf diesen armen Leuten,
Du hast die Macht, uns würd’ es viel bedeute.“

„Besonders meine Frau, mein liebes Kind,
Beschütze sie, das haben sie verdient.
Nur darum bitte ich, von Mann zu Mann,
Vertraue sie Dir vorbehaltlos an.“ 

*

Beim alten Nachbar drüben brennt noch Licht.
Der spricht zu sich und Gott: „Dich gibt es nicht.
Gar schön wär’ es, wenn ich dich glauben könnt’.
Doch diese Gabe ist mir nicht vergönnt.

„So zweifle ich an allem was ich nicht weiß,
Weiß doch zumindest immer noch wie ich heiß.
Vertraue nur auf mich – und meinen Hund.
Hab’ Deiner nicht bedurft, in keiner Stund’.“

 „Wenn ich mal sterbe, werd’ ich an dich denken,
doch werd’ ich mir Gefühlsausbrüche schenken
Wär glücklich zwar, könnt’ ich dann wiederkehren.
Doch bin gefasst, bald ausgelöscht zu werden.“

*

Ein Schlusswort gibt es nicht,
Erübrigt sich.

© Wolfgang Unger, Juli 2001