Aus dem Buch "Tröstungen der Philosophie"
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Wer das Gesetz des erhabenen Donnerers Will mit reinem Geiste betrachten, Schau empor zum Scheitel des Himmels, Dort bewahren die Sterne den Frieden Noch dem All in rechtmäßigem Bündnis.
Nicht vom rötlichen Lichte getrieben, Hindert Phöbus den kühlen Mondlauf, Und die Bärin, die rings um des Poles Höchsten Scheitel auf schneller Bahn kreist, Niemals wünscht sie im tiefsten Westen, Wo die anderen Sterne eintauchen, Ihre Leuchten im Meer zu löschen.
Stets zu gleicher geeigneter Stunde Kündet Hesper die nächtlichen Zeiten, Leuchtet Luzifer vor dem Tage. So führet Wechselliebe den Kreislauf Ewig wieder zurück; verbannt vom Sternenantlitz zwieträchtige Kriege.
Solche Eintracht zügelt im Gleichmaß Elemente, daß sie im Wettstreit Wechselnd lösen Feuchtes und Trocknes, Hitze und Kälte friedlich sich einen, Steil zur Höhe die Flammen aufsteigt, Schwer die Last der Erde herabsinkt.
Gleichem Gesetz nach atmet der Frühling Blütenschwer seine feuchten Düfte, Trocknet Saaten der heftige Sommer, Kommt der Herbst mit Früchten beladen, Näßt den Winter strömender Regen.
Solch ein Gleichmaß nährt und befruchtet Alles Leben, das irdisch atmet, Gleicher Weise vernichtet und gründet Tod und Geburt im Steigen und Sinken.
Oben thront indessen der Schöpfer aller Dinge und lenkt die Zügel, König, Herr und Quelle und Ursprung, Weises Gesetz und Richter des Rechten.
Wenn zu heftig antreibt Bewegung, Hält zurück er und festigt das Schwanke. Nur wem die graden Bahnen befohlen, Beugt er nicht mehr zurück zum Kreise. Was jetzt fest seine Ordnung gegründet, Sinkt erschlafft, getrennt von der Quelle. Hier ist Liebe, gemeinsam des Weltalls.
Nur in Grenzen streben die Guten, Weil sie anders dauern nicht können, Wenn sie nicht durch erwidernde Liebe Fluten zum Quell, der Leben verliehen.
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Boëthius Deutsche Übersetzung von Eberhard Gothein |